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petra koller stern 1
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Zwischen Mutterliebe und
Erziehungsburnout

Weihnachten – das Fest der Liebe

Hallo Ihr Lieben,

Ich hoffe ihr hattet ein schönes Weihnachtsfest. Ich nicht. Ich weiß, nicht ob ihr es nach vollziehen könnt … was eine Mutter fühlt, wenn ihr Kind weit weg ist, wenn man sich Sorgen macht um sein Kind.

Im Blog-Beitrag „wie alles begann“ habt ihr gelesen, dass mein Kleiner mir bereits vor, bei und nach der Geburt Sorgen bereitete – obwohl das ist schlecht formuliert: ER hat mir diese Sorgen nicht bereitet. Er konnte nichts dafür – niemals. Aber ich konnte auch nichts dafür. Das ist aber fast das Schwierigste, finde ich, wenn mensch sich Sorgen macht, weil diese Gedanken plötzlich da sind, und eigentlich ist klar, dass niemand Schuld hat … das es einfach das Leben ist. Es kann nunmal nicht jeden Tag die Sonne scheinen, und gerade wenn man Kinder hat, passieren fast täglich Dinge mit denen du nicht gerechnet hast, die nicht geplant waren. Dann ist es erforderlich möglichst schnell zu reagieren, das Richtige zu tun. Pfffff! Was zum Kuckuck ist das Richtige?! Wer soll das mit Sicherheit wissen? Noch dazu schnell! Und dann ist es leider oft so, dass der Kopf eine Entscheidung trifft anhand von Fakten. Und der Kopf ist sich ganz sicher dass DAS die richtige Entscheidung war. Aber der restliche Körper rebelliert, das Herz weint – so bitterlich und inniglich, dass selbst der klare, entschiedene Kopf wieder ins Zweifeln gerät … das ist meiner Meinung nach die wahre Challenge JEDER Mutter – wahrscheinlich auch die Challenge einiger Väter, aber wisst ihr was: Ich bin in einer Zeit groß geworden, wo das Patriachat uneingeschränkt geherrscht hat. Und da konnten Väter immer sehr gut und von der Gesellschaft hoch gelobt in die Arbeit flüchten, wohingegen Mütter es keinem Recht machen konnten. Nicht mal anderen Müttern – was ich eigentlich am bedenklichsten finde. Aber das wird mal in einem anderen Blog-Betrag Thema sein.

Sorgen einer Mutter

Jetzt zurück zu den Sorgen einer Mutter. Laura Malina Seiler hat den Spruch geprägt „Mutter zu sein, bedeutet dein Herz plötzlich außerhalb von dir selbst zu tragen.“ DAS unterschreibe ich! Unzählige Male hat es sich seit der Geburt meines ersten Kindes so angefühlt, als ob ich gar kein Herz mehr hätte. Ich fühlte mich so leer und mein Herz und meine Gedanken waren nur bei meinem Kind – nirgendst sonst. Und ja – so fühle ich mich jetzt gerade.

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Patrik, Philip & Petra, auf der Neonatologie beim kangarooing

Diesmal ist mein Superheld PatMan nicht direkt betroffen. Aber wie sooft seit Patriks Geburt musste ich mich entscheiden … zwischen meinen Söhnen. Und das hat mir jedes einzelne Mal mein Herz gebrochen. Kein Wunder das es ein reparierter Scherbenhaufen ist, dessen Narben immer wieder aufplatzen 😉 Mein Philip ist seit Patriks Geburt ein sogenanntes „Schattenkind“ – ich weiß nicht, ob ihr den Begriff schon mal gehört habt, falls nicht, hat es das Leben wohl gsd bisher gut mit euch gemeint. Als Schattenkinder ( oder auch „Geschwisterkinder“) werden in der Psychologie die Kinder bezeichnet, die im Schatten ihrer chronisch kranken oder „behinderten“ Geschwister stehen. Diese erhalten für gewöhnlich mehr Aufmerksamkeit der Eltern. In der Praxis heißt das, dass relativ oft zum Schutz des „kranken“ Kindes eine Entscheidung getroffen werden muss, die sehr sehr schwer fällt und zumeist zu Lasten des „gesunden“ Kindes ausfällt –  so auch diese Weihnachten.

Philip war, die Umstände sind für mich vollkommen unerheblich, eventuell mit Corona in Kontakt. Und obwohl sein PCR-Test negativ war, entschied er aus Sicherheitsgründen dem Familien-Weihnachtsfest an Heilig Abend fern zu bleiben, um niemanden zu gefährden. So. Nun bin ich erstmal sehr stolz, dass mein Sohn eine derart vernünftige und verantwortungsbewusste Entscheidung trifft. ABER ich bin auch unendlich traurig, dass ich mich wieder entscheiden musste. Ich sage es euch ehrlich – egal was jemand anderer davon hält – wenn ich nur ein Kind hätte, so hätte ich vollkommen unbeeindruckt von eventuellen Konsequenzen für mich, Heilig Abend mit Philip verbracht! Weil es mir das Herz bricht Weichnachten gänzlich ohne ihn verbringen zu müssen. Da aber Patrik leider aufgrund seiner ersten Lebensjahre, mit immer wieder kehrender Lungenentzündung und obstuktiver Bronchitis, vermutlich ein erhöhtes Risiko in Sachen Corona hat, hätte Patrik mit den vorliegenden Informationen sicherheitshalber besser nicht mit Philip feiern sollen. Zumindest wollten wir nichts risikieren. Dh ich hatte die Wahl mit meinem Jüngeren und dem Großteil der Familie (denn alle meine Liebsten wären leider ohnehin nicht da gewesen 😔) Heilig Abend zu verbringen, oder alleine mit meinem Älteren.

Ich hasse solche Entscheidungen – seit Patriks Geburt musste ich immer wieder zwischen den beiden entscheiden. Wie kann man sich jemals mit gutem Gewissen und ohne jegliche Schuldgefühle für ein Kind von seinen Kindern entscheiden?! Das geht doch nicht! Also vielleicht gibt es Menschen, die es nicht so dramatisch finden, die es vielleicht sogar leicht können. Aber zu diesen Menschen zähle ich nicht. ICH HASSE ES!!! Aber getroffen werden müssen diese Entscheidungen eben doch, ob ich es nun will oder nicht. Wie gesagt, ist es immer die Hölle für mich, aber ich versuche dann abzuwägen – anhand von Fakten. Für einen Gefühlsmensch der high sensitive und empathisch ist, wie ich es nunmal bin, ist das der schrecklichste Teil des Lebens. Wenn es doch eigentlich immer nur um die Liebe geht (ihr wißt, dass ist mein Credo), wie kann man da anhand von Fakten entscheiden? Und – ganz ehrlich – wer kennt schon die Wahrheit? Wo kommen diese „Fakten“ her? Ich bin kein Mediziner, ich bin kein Immunologe, ich bin kein Experte … ich bin nur eine Mutter, deren Herz unendlich schwer ist, wegen all dieser angeblichen Fakten von angeblichen Experten. Mein Herz schreit ganz laut:  „Es kann nicht richtig sein, dass ein Kind zu Weihnachten von seiner Mutter getrennt ist. Das kann niemals jemals richtig sein! Es kann nicht richtig sein, dass mein Kind ganz alleine in einer Wohnung ohne Weihnachtsbaum, ohne Weihnachtsschmuck und ohne Weihnachtsessen den Heiligen Abend verbringt! Weihnachten ist für mich nicht die Feier der Geburt Christi, für mich ist es das Fest der Liebe! Wo zum Kuckuck ist da die Liebe, wenn er alleine ist und ich ihn nicht umarmen darf???“

Also für mich waren mit dem beschränkten Wissen einer Mutter zum Thema Corona die Fakten wie folgt: Hätte ich Heilig Abend mit Philip verbracht, wäre dafür Patty ohne seine Mama gewesen und ich hätte mich nach Heilig Abend sicherheitshalber auch weiterhin von Patrik fern halten müssen, um das Risiko nicht einzugehen, dass er über mich eventuell mit Corona angesteckt werden würde. Das wäre alleine organisatorisch unmöglich gewesen. Und so entschied ich  – wie sooft in der Vergangenheit – zu Gunsten meines jüngeren Kindes, Patrik. In Wahrheit ist es immer eine Entscheidung die der Entscheidung zwischen Pest oder Aussatz gleicht – ich konnte keine Entscheidung, die ich seit meiner Scheidung zwischen meinen Kindern treffen musste jemals „gut“ heissen. Es war maximal akzeptabel und leider erforderlich. Aber ich habe nun mal nur zwei Hände und zwei Beine und kann mich weder teilen noch klonen und daher mussten diese Entscheidungen immer wieder getroffen werden. Damit ihr das besser versteht, hier noch eine Geschichte aus der Vergangenheit.

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Patrik & Philip kurz vor der Scheidung ihrer Eltern

Ein wiederkehrender Alptraum

Als klar war, dass mein Mann und ich uns scheiden lassen würden, da es die beste Entscheidung für ihn und mich war, hatte ich jede Nacht Alpträume. Einer davon kam immer wieder. Ich träumte immer wieder, dass uns ein Tsunami erreichen würde. Ich weiß, in einem Binnenland ist das gänzlich unmöglich, aber Ängste sind nunmal vollkommen irrational. Jedenfalls träumte ich, das überall Wasser war, weit und breit kein Land in Sicht. Meine Söhne waren damals übrigens 5 und 9 Jahre alt. Patrik konnte nicht wirklich gut schwimmen, Philip war von Geburt an eine Wasserratte und grundsätzlich im Wasser immer in seinem Element und schon sehr früh eine richtige Sportskanone. Also wie gesagt, ich träumte dass wir, umgeben von Wasser, versuchten zu überleben und bis an ein Ufer zu schwimmen. Und ich musste entscheiden, wen von beiden ich unterstütze. Ich entschied mich für Patrik und schwamm mit ihm auf meinem Rücken, seine Arme um meinen Hals geschlungen, um unser Leben. Vor mir schwamm Philip. Bei jedem Tempo betete ich inniglich, dass Philip es aus eigener Kraft schaffen würde und auch ohne meine Hilfe irgendwann Land erreichen würde und so überleben würde. Zeitgleich betete ich, dass mich die Kraft nicht verlassen würde, bis ich mit den Jungs das Ufer erreichen würde. Jedes Mal nach diesem Traum wachte ich schweißgebadet und verheult auf. Ich betete inniglich, das ich niemals jemals in die Situation kommen würde, wo wir tatsächlich in Lebensgefahr wären und ich mich entscheiden müsste, denn in Wahrheit konnte ich das nicht und werde es auch niemals können.

Gsd musste ich diese Weihnachten „nur“ vorübergehend ohne meinen lieben Philip sein. Und auch wenn es mir fast das Herz brach, ihm seine Geschenke und ein bisschen weihnachtliches Essen nur vor die Tür zu stellen und aus der Entfernung mit Maske im Gesicht ihm Frohe Weihnachten zu wünschen, so bin ich doch dankbar und froh, dass beide meiner Söhne am Leben und gesund sind und wir uns ganz sicher bald wieder in den Armen halten werden. Denn leider … schlimmer geht immer und gerade bei all dem was ich bereits erlebt habe, bin ich dankbar für jeden Moment, den ich mit meinen zwei Schätzen erleben darf. Ich weiß ehrlich nicht, ob das „normal“ ist, aber ich liebe diese beiden Süssen unendlich und würde jederzeit ALLES für sie geben und hoffe wir haben noch ganz viel Zeit zusammen. ❤️

In diesem Sinne: geht und umarmt eure Liebsten, schließt die Augen, geniesst es und saugt den Moment auf als würde die Zeit still stehen. Als wäre es die letzte Umarmung eures Lebens, denn die Zeit mit unseren Liebsten ist unendlich kostbar und leider beschränkt. Und wenn ihr selbst alleine seid in der Weihnachtszeit, aus welchem Grund auch immer, denkt an die vielen Momente in denen ihr euch geliebt gefühlt habt. In denen ihr umarmt wurdet. Jeder hatte schon mal zumindest einen solchen Moment. Und wisst ihr was … Corona hin, sonstige Krankenheiten und Schicksalschläge her … das Einzige was tatsächlich unendlich währt und immer über alles andere triumphiert ist die Liebe. Die wahre Liebe ist niemals eifersüchtig, ist gütig, sie prahlt nicht und bläht sich nicht auf. Sie handelt niemals taktlos, sie sucht nicht den eigenen Vorteil und freut sich nicht über das Unrecht. Im Gegenteil – sie ist selbstlos, sie erträgt alles, sie glaubt, sie hofft und erduldet alles und spendet unendliche Kraft um in ihrem Sinne zu handeln und zu dienen. Wahre Liebe hört niemals auf und wärmt von Innen.