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petra koller stern 1
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Zwischen Mutterliebe und
Erziehungsburnout

Wie ich euch bereits im Beitrag „Einschulung“ erzählte, hatte Patrik anfangs leider keine schöne Schulzeit erlebt und hatte keine Ahnung, das Schule Spaß machen kann. Zwei Jahre lang wurde er viel zu häufig separiert und es wurde ihm vermittelt, dass er ohnehin zu dumm war um irgendetwas zu lernen. Er wurde vor der Klasse bloß gestellt und von der Gemeinschaft verlacht. Die Integrationslehrerin war vollkommen überfordert und wegen Patrik ständig genervt.

Er hatte sich durch die Erfahrungen der ersten beiden Schuljahre total verändert. Mein einst so fröhlicher Bub war still, schüchtern und unsicher geworden. Es lag eine Schwere auf ihm, die mir fast das Herz brach. Wie bereits erwähnt, konnte er dann allerdings nach einem halbjährigen Bürokratie-Marathon endlich Schule wechseln und das 3. und 4. Volksschuljahr in einer anderen Schule absolvieren.

Montessoriklasse

Da klar war, dass das Ganztagesschulmodell nicht das richtige für Patrik gewesen war, hatte ich eine Schule für ihn ausgewählt, in der er nur vormittags Unterricht hatte. So ging er fortan vormittags in eine Integrationsklasse, die nach den Lehren von Maria Montessori unterrichtet wurde. Es war eine kleine Klasse mit einer Klassenlehrerin und einem Integrationslehrer. Die Lehrer waren beide sehr bemüht und kümmerten sich rührend um Patty. Da er aber so schlechte Erfahrungen gemacht hatte, war er sehr verschlossen, sprach nicht und versteckte sich oft stundenlang unter dem Tisch. 

Die Klasse war in einem Nebengebäude untergebracht, welches ebenerdig gebaut war und nur wenige Klassen beherbergte. Daher war es gsd sehr ruhig und nicht so turbolent wie in Patriks alter Schule. Wenn die Kinder in der Pause in den Garten gingen, ging es harmonisch und friedlich zu und die Lehrer*innen achteten sehr auf einen respektvollen Umgang zwischen den Schüler*innen.

Spielen im Hort

Nachmittags wurde er von den Hortbetreuerinnen direkt von der Schule abgeholt und in den Hort begleitet, wo er den ganzen Nachmittag spielen konnte. Dort fand er schnell Freunde und hatte eine Menge Spaß. Im Garten der Gruppenräume konnte er Go-Kart fahren, schaukeln und klettern und genoss die Möglichkeit zu spielen. Die Hortgruppe machte Ausflüge und ging im Winter eislaufen.

Der Fahrtendienst wurde storniert und ich holte Patrik jeden Tag selbst vom Hort ab. Das gab mir die Möglichkeit täglich mit den Hortbetreuerinnen zu sprechen, und immer informiert zu sein. Ich konnte mir beim Abholen auch selbst ein Bild davon machen, wie es Patty so ging. Manchmal beobachtete ich ihn still eine Weile, solange er mich noch nicht entdeckt hatte. Es war so schön anzusehen wie er Spaß hatte und die Zeit dort genoss. Das gab mir die Sicherheit, dass er nun gut aufgehoben war.

Endlich Fortschritte!

Patrik mit seinem Rucksack, bereits für das Abenteuer Schullandwoche
Ab zur Schullandwoche!

Nach Weihnachten ging es dann rasch bergauf. Der Lehrer schaffte es, dass Patrik auch in der Schule wieder zu sprechen begann und nach und nach auch Aufträge erfüllte. Die Mitschüler*innen und auch das Lehrerteam waren ganz anders als in Pattys alter Schule. In dieser Klasse herrschte eine ganz andere Stimmung. Es war eine friedvolle und harmonische Gruppe in der Zusammenhalt ganz groß geschrieben wurde. Die Kinder halfen einander und in dieser Klasse wurde niemand ausgegrenzt. 

In dieser liebevollen Umgebung, sowohl vormittags in der Schule als auch nachmittags im Hort, blühte Patrik so richtig auf und Schule machte endlich Spaß. Er ging gerne in die Schule und fand auch in der Klasse Freunde. Er lachte wieder und machte auch schulisch Fortschritte.

Im letzten Jahr der Volksschulzeit fuhr Patty dann sogar auf Schullandwoche mit seiner Klassengemeinschaft. Das erste Mal in seinem Leben war er eine ganze Arbeitswoche lang – also 5 Tage – von seiner Familie getrennt! Dies aber meisterte er besser als die meisten seiner Schulkolleg*innen. Er  hatte kein Heimweh und genoss die Tage mit seinen Schulfreunden.

Neue Therapien

Patriks Lehrer hatte außerdem eine spezielle Ergotherapie empfohlen: Sensorische Integration. Die Therapie sollte sowohl die Wahrnehmung als auch Pattys Motorik verbessern. Nach einem Erstgespräch war sofort klar, dass diese spezielle Therapie perfekt für meinen PATMan war. Patty ging gleich nach dem Erstgespräch ein Mal wöchentlich zur sensorischen Integration. Das Ziel war es, dass Patrik durch das Training die Koordination unterschiedlicher Sinnesqualitäten verbessern würde und motorisch wieder sicherer werden würde.

Aufgrund der Negativerfahrungen der ersten beiden Schuljahre besuchte er ab sofort auch wöchentlich eine Psychotherapie. Ich hatte diese bereits vor dem Schulwechsel beantragt, leider mussten wir allerdings über ein halbes Jahr auf einen freien Platz warten. Dafür tat Patty die Spieltherapie bei der Psychologin der systemischen Familientherapie dann so richtig gut. Er fühlte sich sehr wohl bei ihr und er besuchte die Spieltherapie ein Mal wöchentlich für fünf Jahre.

Zu schnell wieder vorbei

Leider mussten wir uns dann nach nur ein einhalb Jahren in der tollen Klasse wieder um eine andere Schule umsehen. Ich war untröstlich, da sich Patty so gut eingelebt hatte und endlich täglich gerne zur Schule ging, gerne lernte und Fortschritte machte. Allerdings hatte er die verlorenen ersten beiden Jahre selbstverständlich nicht aufholen können.

Da das österreichische Schulsystem nur vier Volksschuljahre zulässt, sofern man nicht negativ abschliesst und ein Jahr wiederholen muss, mussten alle Schüler in die Sekundarstufe wechseln. Im Integrationsplan konnte man allerdings gar nicht negativ abschließen, da die Beurteilung ja bereits auf der Einschränkung der Schüler basiert. Somit musste auch Patrik jedenfalls in die Sekundarstufe wechseln. 

Einige seiner Klassenkameraden würden nach Schulschluss ins Gymnasium, andere in eine Mittelschule wechseln. Ich versuchte verzweifelt, trotz der strengen Vorgaben des starren Stadtschulrates einen interen Schulwechsel in die Mehrstufenklasse zu erwirken. In der Mehrstufenklasse hätte Patty zwar wohl wieder neue Schulkolleg*innen und Lehrer*innen gehabt, aber wenigstens die Schule hätte er bereits gekannt und er hätte weiterhin das ruhige Umfeld aufgrund des überschaulichen Nebengebäudes geniessen können. Nachmittags hätte er weiterhin den bekannten und von ihm so geliebten Hort besuchen können, aber ich blieb erfolglos und Patty musste die Schule verlassen.

Wechsel in die integrative Mittelschule

Da der Wechsel unumgänglich war, begann ich mir unterschiedliche Möglichkeiten anzusehen. Es gab ohnehin nicht sehr viel Auswahl und so entschied ich mich recht rasch für eine integrative Mittelschule im Bezirk. Die Schule war auch recht klein und hatte daher nur Platz für etwa 100 Schüler*innen. Zum Vergleich: in Philips Gymnasium gab es beinah an die hundert Lehrer …

Am Tag der offenen Tür überzeugte diese Schule mit dem Angebot des sogenannten „Ateliers“, in welchem die Integrationskinder nachmittags klassenübergreifend betreut wurden. Die Integrationskinder hatten daher, anders als die Regelkinder der Klassen, nur vormittags Unterricht. Am Nachmittag gab es im Atelier Motopädagogik und Ausflüge, sowie, an die Entwicklung der Kids angepasste, Projekte. Für das Atelier stand zusätzlich zu den Integrationslehrer*innen ein Zivildiener zur Verfügung, der ebenfalls die Schüler*innen unterstützte.

Zwischen Vormittagsgestaltung und Atelier konnten die Kinder im schuleigenen Speisesaal Mittag essen. Des Weiteren hatte die Schule einen sehr großen Garten mit Sportplatz. In diesem, wurde versprochen, würden so oft wie möglich die Nachmittage verbracht werden und auch die große Pause während des Vormittags würden die Schüler*innen so gut es ging im Garten geniessen.

Nach zwei sehr schönen Schuljahren in einem idealen Umfeld, musste Patrik also wieder Schule wechseln. Obwohl er sowohl körperlich als auch von seinem Entwicklungsstand nicht für die Sekundarstufe bereit war, erlegte ihm das starre Schulsystem die nächste Challenge auf.

Wie es ihm in der Mittelschule erging erfahrt ihr im nächsten Blog Beitrag.