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petra koller stern 1
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Zwischen Mutterliebe und
Erziehungsburnout

Kleine Kinder, kleine Sorgen – große Kinder, große Sorgen

Ihr kennt sicher den Spruch: „kleine Kinder, kleine Sorgen – große Kinder, große Sorgen“. Ich muss zugeben, dass ich den Spruch immer total bescheuert fand. Keine Sorge, die ich wegen meiner Kinder hatte, kam mir jemals „klein“ vor. Wenn du dich um deine Kinder sorgst, kann diese Sorge niemals klein sein!

Als meine Kinder klein waren und über die Wintermonate oftmals sehr krank, machte ich mir selbstverständlich oft Sorgen. Patrik und Philip hatten insgesamt 12 Mal Scharlach und unzählige Fieberinfekte. Jedesmal war die Sorge da, ob es Folgeerscheinung, welche gerade bei Scharlach leider häufig sind, geben würde und wie schnell sie sich von den Fieberschüben erholen würden.

Dazu kamen schon im Kleinkindalter die ständigen Entscheidungen wie: „Was wäre wohl der geeignet Kindergarten und das geeignete Alter, um mit dem Kindergarten zu starten?“ oder „Wie wird der Umstieg in den Schulalltag?“ „Welche Schule wäre die geeignete für mein Kind?“ „Wo hat er die besten Chancen und wo wird dennoch auf seine Bedürfnisse, so gut wie eben im starren System möglich, eingegangen?“ „Soll er mit Sport starten? Oder vielleicht Kurse zur Förderung der Kreativität besuchen?“ Oder eben in Patriks Fall: „Was sind die geeigneten Therapien? Sind es nicht langsam zu viele Therapiestunden pro Woche?“ etc. etc. etc. Wenn ich so zurück blicke musste ich in den letzten 20 Jahren wirklich eine Menge Entscheidungen treffen und das fiel mir oftmals nicht leicht. 

Sorgen wachsen täglich

Aber – ich hätte nicht für möglich gehalten, dass ich das einmal sagen würde – nach all den Jahren muss ich zugeben, dass die Tragweite der Entscheidungen und die Größe der Sorgen tatsächlich mit dem steigenden Lebensalter der Kinder mit angestiegen ist. Begannen die Entscheidungen mit so einfachen Dingen wie „Welcher Schnuller ist wohl der Beste? Oder besser gar kein Schnuller?“ so geht es heutzutage um die Zukunft der Kids. Bei meinem Patty sind es konkret mittlerweile so Fragen wie: „Wird er jemals alleine leben können?“ „Ist betreutes Wohnen tatsächlich eine Alternative für uns?“

 … ich kann mir beim besten Willen leider nicht vorstellen, dass er es ohne meine Hilfe schafft an alles zu denken was im Alltag erforderlich ist. Und da denke ich gar nicht an so Schwerwiegendes wie Rechnungen bezahlen und Arzttermine wahr zu nehmen, sondern es geht um so Alltägliches wie einkaufen, Müll raus tragen, Zähne putzen oder duschen. Derzeit würde er all das ohne meine ständigen Erinnerungen nicht machen.

Zukunft durch Jugend am Werk

Wie bereits im Blog Beitrag „Wohin nach der Schule?“ berichtet, wird Patty ab Herbst also bei Jugend am Werk die Einsteigergruppe besuchen. Wir sind heilfroh, dass wir diese Stelle gefunden haben. Sie ist wirklich ideal. Patrik hat dort noch 4 Jahre Zeit herauszufinden in welche Richtung es beruflich gehen soll: technische Werkstatt, Kreatives, Tierbetreuung, Hausbetreuung oder einfache Büroarbeiten. Derzeit können wir nur eine Vielzahl an Berufen bzw. Berufsbildern ausschließen, aber was für ihn passend sein wird, steht quasi in den Sternen.

Des Weiteren sind in Patriks Gruppe vorwiegend Jugendliche in seinem Alter, die ebenfalls erst versuchen herauszufinden wo ihr Weg sie wohl hinführen wird. Gemeinsam haben sie in der Einsteigergruppe die Chance herauszufinden, was sie gerne tun möchten, was sie gut können und was überhaupt alles möglich ist.

Und die Stelle ist auch örtlich ideal, da Patrik von zuhause keinen weiten Weg dorthin hat und diesen vielleicht sogar einmal alleine mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigen kann. Hierfür wird von Jugend am Werk ein sogenanntes Mobilitätstraining angeboten.

Sorgen zur Gesundheit

Aber das sind leider nicht meine einzigen Sorgen. Seit einem sehr hartnäckigen Fieberinfekt im Herbst leidet mein PATMan immer wieder unter Schwindel. Meist hat er den Schwindel morgens und unter Tags wird es dann besser, aber es gibt mittlerweile immer weniger Tage an denen er nicht über Schwindel klagt. Aufgrund des Schwindels möchte er das Haus nicht mehr verlassen. Wenn es nach ihm ginge, wäre er wohl für immer zuhause – am liebsten in seinem Zimmer.

Um herauszufinden, wo die Schwindelbeschwerden herkommen, klappern wir nun eine Vielzahl an Ärzten ab. Der Schwindel könnte nämlich unterschiedlichste Ursachen haben. So könnten z.B. Verspannungen im Halswirbelbereich die Auslöser sein. Der Schwindel könnte aber auch durch das Gleichgewichtsorgan, als Folge einer Entzündung im Ohr, ausgelöst worden sein. Denkbar wären auch neurologische Ursachen. Ebenso könnte der Schwindel durch Stress oder Angst hervorgerufen werden. Aber auch eine Abklärung beim Augenarzt ist erforderlich. Des Weiteren könnte es eine Durchblutungsstörung sein oder mit dem Herz zu tun haben.

Daher waren wir nun schon beim Internisten und zwar bei einem Herzspezialisten. Es wurde ein EKG gemacht und ein Ultraschall vom Herz. Die Gefässe, die den Sauerstoff zum Gehirn transportieren, wurden ebenfalls kontrolliert, sowie alle Organe per Ultraschall. Den Befund haben wir sofort erhalten, und er ist gsd unauffällig, dass heißt das alle Organe gesund sind und korrekt funktionieren. Der Blutdruck ist auch normal. Allerdings hat der Arzt festgestellt, dass Patrik viel zu dünn ist und schleunigst zunehmen muss. Es wurde eine hochkalorische Diät verordnet.

Perzentilen und BMI

Patrik war Zeit seines Lebens immer schlank und seine Werte im unteren Bereich der Perzentilen angesiedelt. Perzentilen sind Vergleichswerte für Körpergewicht und Körpergröße bei Kindern. Aufgrund der extremen Frühgeburtlichkeit (hierzu mehr im Beitrag die tägliche Challenge ) und der ersten Jahre als sogenanntes „Speihbaby“ nahm er schon immer schlecht zu. Aber die Ärzte haben in seiner Kindheit immer zu mir gesagt:  „Lassen sie ihn ruhig, blad wird man mit dem Alter ohnehin von selbst.“ 

Durch die extreme Fehlstellung seiner Zähne und des Kiefers konnte er auch jahrelang kein Fleisch außer Faschiertes (für unsere deutschen Freunde: Hackfleisch) essen, da er nicht gut kauen konnte. Aufgrund der Fehlstellung waren die Kauflächen von Ober- und Unterkiefer nicht übereinander und so war das Kauen schon anatomisch nur schwer möglich. Daher hat er größtenteils Nahrungsmittel zu sich genommen, die er nicht viel Kauen musste. Je länger die Behandlung mittels Zahnspange und Schienen andauerte, desto besser wurde die Kieferstellung und er konnte endlich kauen. Allerdings hat er sich das Fleischessen über die Jahre so sehr abgewöhnt, dass er mittlerweile nicht mal mehr Faschiertes ißt – abgesehen von seinem Verzehr von Schinken oder Extrawurst ist er quasi Vegetarier.

Wenn er krank ist, ißt er meistens auch sehr wenig und dadurch nimmt er sehr rasch ab. Diesen Herbst war er leider, wie gesagt sehr lange erkältet und hatte immer wieder Halschmerzen. Wenn er die hat, dann ißt er leider auch sehr wenig und ich muss ihn immer wieder zum Essen überreden. Dadurch hat er im Herbst wieder an Gewicht verloren und es bis jetzt nicht wieder aufgeholt. Sein BMI ist daher mittlerweile leider sehr gering. Er hat gemäß BMI-Tabellen ein ausgeprägtes Untergewicht und muss schleunigst zunehmen.

Ängste

Patrik mit Luna, seine mentale Stütze

Später kam zu den Problemen mit dem Kauen und der ständigen Infekte seine Angststörung hinzu. Unter Stress und wenn er Angstphasen hat nimmt er schnell ab und hat wenig bis kaum Appetit. Dazu kommt, dass er seit einiger Zeit nur noch zuhause essen mag. Es kostet ihn sehr große Überwindung in fremder Umgebung mit anderen Menschen zu essen und so ißt er z.B. in der Schule kaum etwas. Leider trinkt er in der Schule auch sehr wenig.

Seit dem ersten Lockdown gab es leider auch immer wieder Phasen, in denen er aufgrund der jeweils geltenden Corona-Maßnahmen gar nicht zur Schule hätte gehen dürfen. Dadurch hat er seinen Rhythmus komplett verloren und sich so sehr ans Zuhause-sein gewöhnt. Er hat es so sehr genossen, dass er nirgendst hin musste und es keine Veränderung gab. Täglich war er in seiner gewohnten, sicheren Umgebung, in der er essen konnte was und wie er mochte.

Rettende Routinen

Da wir noch nicht alle Arzttermine absolviert haben, ist noch nicht eindeutig klar, wodurch der Schwindel ausgelöst wird. Fakt ist, dass das Gleichgewichtsorgan ok ist. Ebenfalls gesund sind das Herz, die anderen Organe und die Durchblutung.

Dennoch tue ich mir ehrlich gesagt schwer mit der geeigneten Reaktion, wenn Patrik mir morgens sagt, dass er schwindelig ist und deshalb nicht zur Schule gehen kann. Egal ob der morgentliche Schwindel von der Unterernährung kommt, von seinen Ängsten oder aber auch von etwas ganz anderem, ich möchte sein Unwohlsein jedenfalls ernst nehmen. Allerdings kann er auch nicht täglich zuhause bleiben.

So ist unsere derzeitige, tägliche Challenge es in die Schule zu schaffen. Jeden Morgen bange ich, ob Patrik wieder über Schwindel klagen wird. Ich versuche unsere Routinen penibelst genau einzuhalten, um ihm dadurch Sicherheit zu geben und Stress zu vermeiden. Je nachdem was schulisch am Stundenplan steht, könnte er aber auch wieder Angst davor haben was z.B. in neuen Kursen passiert. Sowohl die Angst als auch der Stress und erst recht die Kombi aus beidem können zur Folge haben, das wir es nicht schaffen das Haus zu verlassen.

Ich starte jeden Tag mit einer Meditation. Entspannt und mental gerüstet wecke ich meinen PATMan dann erst auf und kämpfe mich mit ihm durch die erforderlichen Routinen, um dann gegen 9h endlich meinem Brotjob nachgehen zu dürfen. Und jeder Tag an dem ich das schaffe, ist ein erfolgreicher.