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petra koller stern 1
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Zwischen Mutterliebe und
Erziehungsburnout

Bürokratiewahnsinn

Mein PATMAN wird in Kürze 18 Jahre alt. Von Gesetzes wegen ist der dann volljährig und sollte selbständig sein. So weit so gut. Seit Wochen trudeln daher Briefe von diversen Ämtern und Behörden bei mir ein. Der Bürokratiewahnsinn scheint kein Ende zu nehmen!

Sozialversicherung

Begonnen hat die Sozialversicherung, die teilte mir schriftlich bereits Anfang August mit, dass mein Sohn mit Volljährigkeit nicht mehr bei mir mitversichert ist. Sollte ich weiterhin eine Mitversicherung wünschen, so müsste ich anhand beweiskräftiger Unterlagen darlegen, warum dies erforderlich sein sollte. Ich tat dies nach bestem Wissen und Gewissen. Postwendend erhielt ich gestern die Antwort, dass der Antrag nur geprüft werden könnte, wenn er entweder das Wort „erwerbslos“ oder das Wort „erwerbsunfähig“ enthält. Also muss ich jetzt erstmal herausfinden welches der beiden Wörter nun auf meinen PATMAN zutrifft.

Google meint hierzu folgendes: Erwerbslos ist, wer nicht erwerbstätig ist, jedoch aktiv nach einer Erwerbstätigkeit sucht und eine solche im Erfolgsfall kurzfristig aufnehmen könnte. Wo hingehend Erwerbsunfähigkeit vorliegt, wenn der Versicherte einer ähnlichen selbständigen Tätigkeit, wie er sie zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nachgehen kann. Hmm … schwierig. Dann wohl eher ersteres, denn bis dato hat er keine Tätigkeit selbständig ausgeübt, schon gar nicht 60 Monate lang. Also werde ich hiermit mein Glück beim Amt versuchen. Daumen halten bitte 😉

Erhöhte Familienbeihilfe

Bezüglich der befristeten, erhöhten Familienbeihilfe bin ich bereits im Juli proaktiv ans Finanzamt herangetreten, da ich deren Durchlaufzeiten nach beinah 22 Jahren Mutterdasein nur zu gut kenne. Ich erwirkte also einen Kontrolltermin beim Amtsarzt, damit der erforderliche Befund für den aktuellen Bescheid der Familienbeihilfe diesmal zeitgerecht eintreffen würde. Der Termin hat bereits am 01.08. stattgefunden.

Den aktuellen Bescheid habe ich dennoch tatsächlich heute erst erhalten, wohlbemerkt nach zwei Urgenzen. Aber immerhin diesmal rechtzeitig. Da diverse andere Zusatzleistungen von der Familienbeihilfe abhängig sind, und diese mit Patriks 18. Geburtstag eingestellt worden wären, hatte ich hier Zeitnot. Allerdings – wie gesagt – ist es sich haarscharf nochmal ausgegangen. Alle erforderlichen Weiterleitungen habe ich gleich heute erledigt.

Behindertenpass

Kaum dass ich also die Familienbeihilfe geistig abgehakt habe, hatte ich im Postkasten den Antrag auf Verlängerung des Behindertenpasses. Würde ich diesen nicht mit aktuellen, beweiskräftigen Befunden übermitteln, verliert der befristete Pass mit Ablaufdatum seine Gültigkeit. Genial – soeben hat mir der Amtsarzt des Finanzamts die 80 prozentige Behinderung meines Sohnes erneut für drei Jahre im Voraus bestätigt, fragt also das Sozialministerium an, ob mein PATMAN vielleicht durch Zufall eine Spontanheilung erlebt hat.

Behindertenpass
Behindertenpass gültig bis 31.01.23

Eine Verbesserung des Behinderungsgrades würde die Ausstellung des Behindertenpasses verhindern, verständlich. Wenn was abläuft, muss eine Verlängerung beantragt werden. Vollkommen logisch: „Vurschrift is Vurschrift“, wie der Wiener sagt. Pikantes Detail am Rande: Die letzte Untersuchung für das Sozialministerium hat allerdings der selbe Amtsarzt durchgeführt, der auch fürs Finanzamt untersucht – OHNE WORTE. Mensch muss das verstehen – alles verschiedene Resorts. Die können unmöglich Unterlagen oder Informationen austauschen! DATENSCHUTZ! Und der Arzt hat ja ärztliche Schweigepflicht 🤣

Pflegegeld & Mindestsicherung

Das Pflegegeld läuft an und für sich auch bald ab. Hier sollte meiner Erfahrung nach in Kürze ein Schreiben eintrudeln, welches mir einen Termin für eine erneute Begutachtung meines Sohnes vorschreibt. Hier möchte ich diesmal nicht proaktiv einschreiten. Ich warte geduldig auf eben dieses Schreiben, da ich ohnehin noch genug mit anderen Behörden und Ämtern beschäftigt bin.

Zum Beispiel wurde mir von Jugend am Werk nahegelegt, mich bezüglich Mindestsicherung zu informieren. Ich habe diesbezüglich Infoblätter und Kontaktdaten von einer Sozialarbeiterin erhalten. Leider habe ich den Fehler gemacht und “Mindestsicherung” gegoogelt. Seitdem schwirrt mir der Kopf. Ich fand unzählige Sätze, die alle ähnlich lauten und “wenn … dann, aber …” enthalten. Ich muss also schleunigst bei der Sozialarbeiterin anrufen und mich schlau machen.

Erwachsenenvertretung

Aufgrund meines Brotjob, ihr erinnert euch: ich bin für Abwicklungstätigkeiten im Bankensektor zuständig, kam ich schon vor Jahren in Berührung mit dem Thema “Erwachsenenvertretung”. Daher ist mir bewusst, dass ich mich auch hierum kümmern muss. Es gibt hier unterschiedliche Möglichkeiten und so habe ich mich erstmal bei einer Hotline beraten lassen und mich dann auf die Warteliste bei “Vertretungsnetz” setzen lassen.

Sobald ich einen Termin bekomme, werde ich dann alles in die Wege leiten, dass ich offiziell als Erwachsenenvertretung für Patrik gelte. Rechtlich ist er mit seinem 18. Geburtstag selbständig und könnte Verträge abschließen oder medizinische Behandlungen verweigern. Da er aber die Tragweite solcher Entscheidungen nicht versteht, ist dieser Schritt zu seinem Schutz erforderlich.

Behindertenzuschlag

Nun habe ich auch noch von einem Behindertenzuschlag erfahren. Seit 01.05.2020 haben Menschen mit Behinderung, die Leistungen der Wiener Mindestsicherung beziehen, Anspruch auf einen Behindertenzuschlag. Die Höhe des Zuschlags wird jedes Jahr neu berechnet und hängt vom Mindeststandard für Alleinunterstützte ab. Da der Behindertenzuschlag von der Mindestsicherung abhängt, muss ich mich allerdings zuerst mal mit den Bedingungen für die Mindestsicherung auskennen und die sind, wie bereits ausgeführt, ganz schön komplex.

Ihr seht also: mir wird nicht fad! Die Amtsschimmelreiterei Österreichs hält mich auf Trab und der Bürokratiewahnsinn nimmt keine Ende. Selbstverständlich bin ich unendlich dankbar, dass mich der Staat in unserer Lage wenigstens finanziell unterstützt. Hat schon gereicht, dass der Stadtschulrat immer wieder erfolgreich weggeschaut hat, wenn wir Probleme hatten. Auch sonst lassen die staatlichen Maßnahmen zur Integration oder Inklusion von behinderten Menschen leider immer noch zu wünschen übrig.

Abschließend

Umso mehr freut es doch, dass mein Sohn eine Stelle bei Jugend am Werk bekommen hat, für die er EUR 33,- im Monat erhält und ich nur EUR 124,90 „Unkostenbeitrag“ dafür zahlen muss. Hierüber muss ich noch nachdenken, bevor mein süffisanter und sarkastischer Schreibstil zu dem Thema wieder mit mir durchgeht.

PATMAN mit Luna
PATMAN mit seiner Luna

Abschließend möchte ich euch sagen: Wenn ihr mehr oder weniger gesund seid, und gesunde Kinder habt, die in den Regelplan und somit in die Schemata unserer Gesellschaft passen, seid dankbar! Haltet euch immer wieder vor Augen was es für ein Glück ist Kinder nicht nur gesund zur Welt zu bringen, sondern sie nach halbwegs erfolgreicher Schullaufbahn möglichst adäquat am Arbeitsmarkt unterzubringen! Es ist leider wirklich nicht selbstverständlich. Und die traurige Wahrheit ist, dass dieses Glück zerbrechlich ist. Leider ist es täglich möglich, dass sich aufgrund von Krankheit oder Unfall alles ändern kann. Ich bin täglich voller Demut, wenn ich mir meine Erfolge und die von Patriks Bruder ansehe. Aber auch die Erfolge meines PATMANs würdige ich täglich, denn es hätte alles viel schlimmer kommen können. Was hatten wir doch für ein Glück!