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petra koller stern 1
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Zwischen Mutterliebe und
Erziehungsburnout

back

Wenn du meinen letzten Blog-Beitrag gelesen hast, dann weißt du, dass es mir nicht gut ging. Mein PATMAN und ich waren sehr erschöpft und überreizt. Nur zwei Wochen sind seitdem vergangen und es geht uns deutlich besser. Ich möchte sagen, ich habe mein Mojo wieder, I´m back 😉

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Wie das kam? Hm, … genau kann ich es gar nicht sagen. Ich denke es ist eine Mischung aus mehreren Komponenten. Der Frühling ist da! Es ist heller, wärmer und in den letzten beiden Wochen hat die Sonne sehr intensiv und ausdauernd gestrahlt. Das habe ich sehr genossen. Ich konnte endlich wieder mal skaten auf der Donauinsel. In der Sonne, im lauen Frühlingswind, an der frische Luft, nahe am Wasser – so zu sagen mit allen Elementen verbunden. Es war fantastisch! Ich fühlte mich so frei und glücklich dabei, schwerelos und unstoppable.

Zusätzlich waren die beiden letzten Wochen nicht so arbeitsintensiv für mich, wie die Wochen davor. Ich konnte in Ruhe und fokussiert offene Aufgaben erledigen und auch das war sehr befriedigend. Und dann hat mein PATMAN es auch noch geschafft, den Weg zur Arbeit vollkommen selbständig zurückzulegen. Ein Durchbruch für mich! Anfangs habe ich ihn mit Luna gemeinsam zur Busstation begleitet und mit ihm auf den Autobus gewartet. Schon am dritten Tag habe ich ihn einfach bei der Haustür verabschiedet. Ich habe ihm gesagt, dass er den Weg kennt und es daher mit Sicherheit allein schaffen wird, und siehe da, er hat es bravourös gemeistert.

Befreiung

 Ihr habt keine Vorstellung davon, wie befreiend dieser Moment für mich war. Ich habe mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht die Türe hinter ihm geschlossen und mir einen Kaffee gemacht. Den habe ich dann noch im Pyjama genüsslich am Sofa zu mir genommen. Ich habe das als Beginn in eine neue Zukunft empfunden. Eine Last fiel von mir ab. Ich fühlte mich befreit. Ab sofort kann ich, wenn ich krank bin, tatsächlich zuhause bleiben und muss mich nicht trotz Krankheit und Unwohlsein anziehen und auch noch das Haus verlassen, um Patrik zur Straßenbahn zu bringen. Was für ein Erfolg!

Selbstverständlich ist es nicht nur für mich befreiend, sondern hat auch was mit meinem PATMAN gemacht. Auch wenn er anfangs nicht begeistert, davon war, dass er nun vollkommen selbständig zur Arbeit und zurückfahren soll, so hat es ihn reifen lassen. Er wirkt viel selbständiger und selbstbewusster. Das ist eine Freude! Nun bin ich auch nicht mehr so skeptisch, was das betreute Wohnen angeht. Es geht voran. Patrik macht Fortschritte. Step by step.

Next step

PATMAN allein Zuhaus

Das nächste Projekt ist nun, dass er länger als ein Wochenende allein zuhause bleiben kann und sich um Luna kümmert. In der ersten Märzwoche fahre ich mit meinem Schatz Schifahren. Das erste Mal, seit wir zusammen sind, fahren wir gemeinsam ohne Kinder eine ganze Woche auf Urlaub. Geplant ist, dass mein PATMAN in dieser Woche zuhause ist, ohne dass jemand ihm assistiert, und dass er auch arbeitet. Das bedeutet, dass er sich von Montag bis Freitag selbständig anziehen und im Badezimmer fertigmachen muss und dann rechtzeitig losmuss, Richtung Arbeit. Dabei darf er nichts vergessen. Er muss an Handy, Ausweis, Schlüssel und Jause denken.

Weiters muss er dann täglich mit Luna spazieren gehen und nicht nur für sich selbst sondern auch für Luna etwas zu essen zubereiten. Grundsätzlich üben wir das schon lange in kleinen Schritten. Patrik ist aber sehr bequem und wenn jemand da ist, der helfen könnte, dann spielt er gerne auf Zeit. Da ich ein sehr ungeduldiger Mensch bin, übernehme ich dann oftmals seine Aufgaben, weil ich das Warten, bis er endlich in die Gänge kommt, nicht aushalte. Das ist falsch. Schon klar. Aber meine Ungeduld ist mein stärker als mein Erziehungswille. Doch in der ersten Märzwoche gibt es keinen doppelten Boden für Patty.

Die Betreuer von Jugend am Werk wissen Bescheid. Mit ihnen ist ausgemacht, dass sie meinen PATMAN abwesend melden, wenn er weder kommt noch sich selbst abwesend meldet. Wenn er zu spät kommt, werden sie mit ihm darüber sprechen, was er besser machen kann, damit er am nächsten Tag pünktlich kommt. Als backup sind Patriks Vater und Patriks großer Bruder quasi auf Abruf. Sie könnten im Notfall jeder Zeit zu Patty fahren und nach dem Rechten sehen bzw. unterstützen. Ich hoffe aber, dass das nicht nötig sein wird.

Schnuppern in einer anderen Tagesstätte

Da mein PATMAN im Job immer noch nichts gefunden hat, dass ihm offensichtlich Spaß macht oder ihn wenigstens zufrieden stellt, wird er im April in einer neuen Tagesstätte schnuppern. Mitte März hat Patrik hierfür ein Vorstellungsgespräch, zu dem ich mit ihm fahren muss. Diese neue Tagesstätte ist ein kleinerer Standort als Jugend am Werk ALPHA. Es gibt aber dennoch unterschiedliche Angebote an Tätigkeitsfeldern. Sie ist außerdem näher an unserem Wohnort gelegen. Ich bin schon gespannt, wie es Patrik dort zusagt. Wenn es ihm dort gefällt, dann wird er in eine Gruppe dieser Einrichtung wechseln. Welches Tätigkeitsfeld er dann dort zukünftig machen wird, kann ich noch nicht sagen.

Büro

Beim Vorstellungsgespräch werden wir den Standort erstmals besuchen und herausfinden, welche Tätigkeiten angeboten werden. Im Idealfall kann mein PATMAN in der Schnupperwoche oder den Schnupperwochen mehrere Gruppen ausprobieren, um einen möglichst detaillierten Eindruck der Angebote zu erhalten. Wenn er dann tatsächlich eine der neuen Gruppen auswählen sollte, ist sein Weg von und zur Arbeit jedenfalls deutlich kürzer und einfacher als jetzt. Er muss dann nur einmal umsteigen und gesamt mit zwei verschiedenen Autobuslinien fahren.

Das klingt alles eigentlich recht gut, finde ich. Mal sehen, wie es Patrik zusagt. Wir haben zwar schon darüber gesprochen, aber da er ja kein gewöhnliches Zeitempfinden hat, glaube ich das er nicht mehr darüber nachdenkt. Außerdem ist es für ihn wichtig eines nach dem anderen zu tun. Dh. Erst kommt jetzt mal die Woche “PATMAN allein Zuhaus” und erst wenn das vorbei ist, dann können wir uns mit dem Vorstellungsgespräch und den Schnupperwochen beschäftigen. Step by step.

Stay tuned

Jedenfalls bleibt es spannend. Dennoch wird unser Leben immer ruhiger und angenehmer. Es heißt ja „Kleine Kinder, kleine Sorgen – große Kinder, große Sorgen.“ Aber sobald die Kinder mal aus der Schule draußen sind, wird es meiner Meinung nach angenehm. Ihr wisst ja, dass ich grundsätzlich ein Thema mit dem Schulsystem habe … und solange sich das Schulsystem nicht ändert, wird sich auch das nicht ändern. Immer wenn ich mit Menschen in meinem Umfeld spreche, deren Kinder noch vom Schulsystem geknechtet werden, dann steigt in mir wieder dieser Ärger über Ungerechtigkeit, Machtmissbrauch und die Durchschnittsfalle hoch. Ich bin wirklich unendlich froh, dass meine Jungs nicht mehr zur Schule gehen müssen.

Mein PATMAN wird jedenfalls seinen Weg gehen und seinen Platz in der Gesellschaft finden, auch wenn er keinen regulären Schulabschluss hat. Da bin ich sicher. Und ich bin auch sicher, dass ich die Reform des antiquierten und kinderunfreundlichen Schulsystems noch erleben werden. Und wer weiß, vielleicht holt Patrik in ein paar Jahren doch noch zumindest eine Teilausbildung nach. Wir werden sehen 😉