Suche
Close this search box.
petra koller stern 1
petra koller stern 1
petra koller stern 1

Zwischen Mutterliebe und
Erziehungsburnout

Erwachsen

Es ist das eine, wenn Kinder erwachsen werden, aber wenn klar ist, dass sie bald ausziehen werden, dann ist das etwas ganz anderes.

Die letzten Wochen waren geprägt von Einkehr und Rückschau für mich. Immer öfter musste ich mich zurück ziehen und in mich gehen, da mir das Tempo im Aussen zu heftig war. Manchmal fühlte ich mich, als stünde ich inmitten eines Wirbelsturms. Rund um mich war es gefühlt viel zu hektisch, zu laut, zu schnell und zu grell. Alle meine Sinne waren überfordert von all den Geräuschen, Bildern und Emotionen.

Ausgleich fand ich im Inline Skaten. Drei bis fünf Mal die Woche habe ich eineinhalb bis zwei Stunden damit verbracht. Mit meinen Ipods in den Ohren, der Sonne im Gesicht und dem Fahrtwind auf meiner Haut fühlte ich mich frei und unbelastet. Ich konnte alles rund um mich vergessen und alles erlebte verarbeiten. 

Sommerende

Heute ist laut Wettervorhersage der letzte sonnig warme Tag. Dann ist selbst der Spätsommer endgültig vorbei und es wird nass und kalt. Die Sonne geht auch von Tag zu Tag früher unter. Das heißt es ist unter der Woche dann nach Büroschluss nass, kalt und dunkel. Wann ich dann noch Skaten gehen kann weiß ich nicht.

Dieser Ausgleich wird mir fehlen und ich bin unsicher, was das mit mir machen wird. In meinem Leben gibt es derzeit so viel Veränderung und vieles davon gefällt mir ehrlich gesagt nicht. Das fordert mich. Mehr als mir lieb ist. Meine täglichen Meditationen und meine Sonnengrüße am Morgen helfen, aber ich bin nicht sicher, ob das bei all dem Sturm rund um mich reichen wird. 

Nachdenklich

Fahrtentraining

Ich bin in letzter Zeit sehr nachdenklich und reflektiere viel. Vorallem über meinen PATMAN. Das Fahrtentraining ist nun tatsächlich fast abgeschlossen. Nachhause kann er schon ganz alleine fahren, von Jugend am Werk bis zu unserer Haustür. Er muss zwei Mal umsteigen und eine längere Fußstrecke zurücklegen. Im Zuge des Trainings ist er zwei Mal in den falschen Bus eingestiegen, in die falsche Richtung gegangen und hat eigenmächtig an einem falschen Ort auf seinen Freund gewartet, der nichts von einem Treffpunkt wusste. Aber er hat das alles gemeistert. Er fühlt sich nun sicher, und weiß was er in solchen Situationen zu tun hat. Schlußendlich hat sich der Aufwand über den Sommer gelohnt.

Nun ist mein PATMAN sehr viel autonomer und selbstsicherer. Er ist erwachsen und ich bin unendlich stolz auf ihn. Manchmal wenn ich ihn ansehe, kann ich gar nicht glauben, wie toll er sich in so kurzer Zeit entwickelt hat. Wenn ich zurück denke, wie oft wir gefühlt festgesteckten und ich fast verzweifelt bin, weil die Zukunft für mich derart ungewiss wirkte, dann muss ich milde lächeln. Hätte ich damals schon sicher gewusst, was für ein großartiger Junge aus meinem kleinen Frühchen wird, dann hätte ich nicht so oft den Mut verloren. Sooft fühlte ich mich der Aufgabe nicht gewachsen, fühlte mich alleine und hilflos. 

Betreutes Wohnen

Vorallem wenn ich an das Gespräch für die Bedarfserhebung für das Betreute Wohnen denke, werde ich sehr rührselig und melancholisch. Wo ist bloß die Zeit geblieben? Es scheint mir als wäre es erst gestern gewesen, als meine Jungs gemeinsam im Kinderzimmer spielten. Erst kürzlich waren wir gemeinsam auf Indoorspielplätzen und im Märchenpark. Kann das wirklich sein, dass bald beide meiner Söhne nicht mehr bei ihren Eltern wohnen werden?

Sooft mir die zwei Rabauken auf die Nerven gegangen sind, weil sie gestritten haben, sorglos einfach im gesamten Haus ihre Sachen liegen ließen oder pubertäre Anfälle hatte, so sehr werde ich es vermissen sie um mich zu haben. Als Philip ausgezogen ist, war es sehr schwer für mich ihn ziehen zu lassen. Doch dass mein PATMAN noch bei mir war, hat mir geholfen, auch wenn das Haus ohne Philip ganz schön groß und leer wirkte. Da ich mit Patriks Entwicklungsförderung immer sehr gefordert war, habe ich oft eine gute Ausrede gehabt, um mich nicht mit mir selbst beschäftigen zu müssen. Seine Anwesenheit hat mich oft getröstet und mir eine gewisse Stabilität gegeben.

Loslassen

Es ist das eine, dass Kinder autonom werden und dich kaum mehr brauchen. Aber das andere ist, wenn sie ausziehen. Plötzlich ist das Haus so leer, sauber und ruhig. Es ist als wenn das Leben plötzlich ausgezogen ist und du lebst nur mehr in einem Haus, nicht in einem Zuhause. Sean Combs singt in seinem Song “coming home” die Zeile “is a house really a home, when your loved ones are gone?”. Ich denke das beschreibt am besten, was ich fühle, wenn ich daran denke, dass mein PATMAN nicht mehr bei mir wohnt. 

Seit meiner Scheidung vor mittlerweile dreizehn Jahren, waren einzig meine Kinder mein Leben und ich hätte zu jeder Tages- und Nachtszeit alles für sie getan. Sie waren fast immer rund um mich, wir haben jahrelang alles zusammen gemacht. Nicht immer zu dritt, aber einer der beiden war zumindest immer an meiner Seite. Einizge Ausnahme hierbei waren die drei Wochen Urlaub, die sie pro Jahr mit ihrem Vater machen. So sehr ich diese Wochen oft genossen habe, so sehr habe ich mich dann immer auf unser Wiedersehen gefreut. 

Veränderung

Unser Leben hat sich stark verändert als Philip ausgezogen ist. Und nun, da es sich anbahnt, dass auch Patrik mich verlassen wird, bin ich tatsächlich fast schockiert. Eine Ära droht zu Ende zu gehen. Selbstverständlich habe ich nun endlich Zeit für so Vieles, das ich jahrelang hinten angestellt habe. Ich kann so viel erleben und im Grunde machen was ich will. Aber das mache ich ja auch so. Für mich wäre es nicht nötig, dass Patrik auszieht. Doch es ist für ihn wichtig. Ich muss ihn ziehen lassen, damit er sich selbst findet und seinen eigenen Weg gehen kann. 

Rucksäcke der Freunde

Seit er sich jede Woche mit seinem Freund William trifft, hat er sich sehr verändert. Er ist erwachsen geworden und selbständig und teilweise richtig cool. Ich bin wirklich immens stolz und freue mich von ganzem Herzen und aus tiefster Seele für ihn. Und ich denke, das er sein Nest verläßt wird ihn noch erwachsener, reifer und selbstbewusst machen. Darauf freue ich mich. Aber ich werde ihn höllisch vermissen. Ich weiß, er kann mich ja jederzeit besuchen. Aber alle Elternteile, die bereits erwachsene Kinder haben, werden verstehen, dass das nicht dasselbe ist.

Erwachsen

“A mothers job is to teach her children not to need her anymore. The hardest part of that job is accepting success.” Ich denke das sagt alles. Ihr versteht. Und weil ich weiß wie schmerzhaft dieser Teil für mich sein wird, muss ich mich kleinweise darauf vorbereiten. Ich möchte gar nicht an das Gespräch zur Bedarferhebung für das Betreute Wohnen denken, denn da kommen mir bereits die Tränen. Auch wenn es nur mal das Erstgespräch ist und ohnehin niemand weiß, wie lange es dann noch dauert bis er einen Platz in einer geeigneten Einrichtung bekommt. Es ist klar, wohin es langfristig führt. 

Ich bin vielleicht übertrieben emotional. Ich bin vielleicht zu sensibel. Aber so bin ich nunmal. Ich hab ein immens großes Herz und ich liebe meine Jungs mit jeder Faser meines Körpers vollkommen selbstlos. Und so freue ich mich unendlich für sie und bin immens stolz darauf was aus ihnen geworden ist und zeitgleich denke ich immer gerne und lächelnd an die Zeit in unserem gemeinsamen Zuhause zurück. Wann mein PATMAN dann tatsächlich sein Nest und mich verlässt steht noch in den Sternen, aber wir bereiten uns darauf vor und ich nehme euch wie üblich auf diese Reise mit.