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petra koller stern 1
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Zwischen Mutterliebe und
Erziehungsburnout

Seuche, Krieg & Klimakatastrophen

Was für eine verrückte Welt! Seuche, Krieg & Klimakatastrophen – katastrophal was sich alles in den letzten Jahren ereignet hat. Es erinnert förmlich an die Apokalypse.

Seuche

In den letzten beiden Jahren war die Pandemie an der Tagesordnung. Täglich wurde in den Medien über Fakten, Details und Neuigkeiten zu Covid-19 berichtet. Gefühlt stündlich änderten sich dabei die Prioritäten bei den gesetzten Maßnahmen in den jeweiligen Ländern. Betroffen waren zu einem großen Teil die Kinder.

So hieß es in Österreich mal Schule ja, mal Schule nein. Die Schüler*innen mussten maximal flexibel zwischen Home Schooling, Distance Learning und Präsenzunterricht wechseln. Zusätzlich war zwischendurch immer wieder mal der gemeinsame Sport und das gemeinsame Musizieren untersagt. Von Ausflügen und Schullandwochen oder anderen Schulveranstaltungen gar nicht zu reden. Alles abgesagt. An den meisten Schulen für 2 Jahre.

Waren vor Corona die Stimmen nach mehr pädagogischer Beschäftigung und Bewegung für die Kids noch laut, traute sich plötzlich niemand mehr gegen Computerspiele, Gameboy und co zu wettern. Was hätten die Kinder auch stundenlang machen sollen während die Eltern arbeiten mussten und die Schulen größtenteils geschlossen waren. „Geht nach draussen spielen“ trauten sich viele Eltern auch nicht mehr sagen, da die immer wieder kehrenden Ausgangsbeschränkungen zusätzlich verunsicherten. Um Omi & Opi zu schützen, war auch die sonst sehr beliebte Unterstützung durch die Großeltern oft undenkbar.

Unsicherheit

So ging es jetzt zwei Jahre lang größenteils ums Überleben. Die Priorität lag monatelang nur darin das Ansteckungsrisiko und die Zahlen der Infizierten so gering wie möglich zu halten. Spaß war erstmal in vielerlei Hinsicht abgesagt, stattdessen herrschte eine große Unsicherheit. Es wurde viel darüber gesprochen was die ständige Isolation und die allgegenwärtige Angst vor Ansteckung und der Zukunft für Kinder und Jugendliche bedeutet. Allerdings denken die meisten Leute bei diesen Gesprächen oder Zeitungsartikeln an gesunde Kinder.

Was das alles allerdings für Kinder mit besonderen Bedürfnissen bedeutet, kommt recht selten in den Medien zur Sprache. Viele Menschen interessiert es leider auch nicht, da sie ja nicht betroffen sind. So wurden die Integrations- und Sonderschüler*innen bei den Regierungsmaßnahmen zum Beispiel gleich mal laufend vergessen und oftmals war weder in den Direktionen noch in den Lehrerzimmern bekannt, was die aktuellen Maßnahmen für den integrativen Schulbereich bedeuteten. 

Challenge für Kinder mit speziellen Bedürfnissen

Kinder, die nicht lesen, schreiben oder rechnen können, können auch nicht selbständig am PC oder am Laptop Aufträge zuhause erledigen. Patrik kann das zwar, aber er besucht einen Berufsvorbereitungslehrgang, der den Fokus auf praktisches Arbeiten legt. Das ist zuhause selbstverständlich sehr schwierig zu bewerkstelligen. Theoretische Lehrinhalte nutzen ihm allerdings recht wenig.

Da ich alleinerziehend und berufstätig bin, mussten wir außerdem, wenn der Präsenzunterricht abgesagt wurde, ein spezielles Zeitmanagement entwickeln. Konkret bedeutete das für uns: von Montag bis Freitag hatte mein PATMan „frei“ – er durfte den ganzen Tag spielen, damit ich arbeiten konnte. Am Wochenende musste er dann die Lehraufträge der Woche nachholen, da ich nur am Wochenende dafür Zeit hatte.

Ihr könnt euch sicher vorstellen, was das für eine spezielle Herausforderung war. Unsere Wochenenden waren kein Zuckerschlecken. Und oftmals haben wir leider nicht alle Arbeitsaufträge geschafft. Sooft es irgendwie möglich war, schickte ich Patty daher trotz eventueller Regierungsmaßnahmen in die Schule, damit er wenigstens den eingeschränkten Schulbetrieb erlebte und einen Teil der Praxisarbeit erledigen konnte. Die ursprünglich geplante Förderung und Weiterentwicklung konnte dadurch allerdings nur bedingt erfolgen.

Angst

Zu den organisatorischen Schwierigkeiten kam die wachsende Unsicherheit und Angst. Patty hatte schon immer mit Ängsten zu kämpfen, und war fünf Jahre lang in Therapie. Hiervon habe ich euch im Blog „Schule kann Spaß machen“ berichtet. Nach den Therapiejahren war er allerdings stabil und hatte keine akuten Ängste. Corona hat ihn aber leider wieder zurück geworfen.

Da Corona sowohl in den Medien täglich Thema war und auch in der Schule vielfach thematisiert werden musste, hat die Angst vor Ansteckung, Krankheit und Folgeerscheinungen auch vor meinem PATMan nicht halt gemacht. Vor einiger Zeit ist mir aufgefallen, dass er die Maske immer trägt, außer er ist zuhause. Er hat sie weder im Praktikum in den „Maskenpausen“ im Hof abgenommen, noch im Auto mit mir. 

Seit ein paar Monaten möchte er auch immer weniger das Haus verlassen. Am liebsten ist er zuhause. Nur da ist er ausgelassen und fühlt sich sicher. Sobald wir uns auf den Weg machen – egal ob zur Schule, zum Einkaufen oder zu einem Besuch von Freunden oder Verwandten – startet sein Widerstand. Je nach Tagesbefinden wird er richtig hysterisch oder sagt er kann nicht, da er sich krank fühlt.

Krieg

Und jetzt, nach über zwei Jahren Alltag mit Corona, ist auch noch Krieg ausgebrochen (darüber habe ich auch schon im Blogbeitrag Krieg und Frieden geschrieben). Nicht weit von uns entfernt. Wieder sind durch die Medien diesbezügliche Fakten, Details und täglich neue Informationen allgegenwärtig. Wieder herrscht eine große Verunsicherung und Angst.

Gerade für die Kinder und Jugendlichen mit speziellen Bedürfnissen ist das teilweise sehr abstrakt. Viele fragen sich wohl: „Was bedeutet Krieg überhaupt? Kann es auch bei uns Krieg geben? Was würde das für mich bedeuten? Muss mein Vater, mein Bruder oder mein Onkel vielleicht auch kämpfen?“

Im ganzen Land werden Hilfspakete geschnürt, Spenden gesammelt und Flüchtlinge aufgenommen. Das ist ein gutes Zeichen und beweist unseren Kindern, dass nicht alles schlecht geworden ist. Die Menschen halten zusammen und unterstützen sich gegenseitig in der Not. Das gibt Hoffnung.

Klimakatastrophen

Aber dann sind da noch die Klimakatastrophen. Seit Jahren berichten die Medien über Klimaerwärmung, steigende Anzahl an Überschwemmungen, Stürmen, Hitzewellen, etc. Es gab im Sommer im gesamten Mittelmeerraum gewaltige Brände. Auch hierüber wurde viel berichtet und die Jugendlichen sahen die Bilder der Zerstörung im Fernsehen.

Die Kids werden durch die Medien und im Schulunterricht dahingehend sensibilisiert, dass jeder einzelne eine Beitrag leisten kann und machen sich auch darüber Gedanken. Katastrophen sind mittlerweile für unsere Kinder leider ein fixer Bestandteil ihres Lebens.

In so einer Welt sollen Kinder einen Platz finden, eine Richtung, eine Zukunft! Wie sollen Kinder in dieser Zeit Hoffnung und Zuversicht haben und sich auf ihre Zukunft freuen, wenn es vielen Erwachsenen kaum gelingt?

Patrik verkleidet als Wolf
Patrik verkleidet als Wolf

Das läßt mich an die Parabel von den zwei Wölfen denken: Ein alter Indianer sprach mit seinem Enkelkind über das Leben. Er sagte: „In jedem von uns tobt ein Kampf zwischen zwei Wölfen. Der Eine ist böse. Er kämpft mit Ärger, Neid, Eifersucht, Angst, Sorgen, Gier, Arroganz, Selbstmitleid, Lügen Überheblichkeit, Hass, Misstrauen, Egoismus und Feindschaft. Der andere Wolf ist gut. Er antwortet mit Liebe, Freude, Gelassenheit, Güte, Mitgefühl, Großzügigkeit, Dankbarkeit, Wahrheit, Vertrauen, Freundschaft, Hoffnung und Friede auf jeden Angriff.“ Das Kind fragte neugierig: „Und welcher Wolf wird gewinnen?“ Da antwortete der alte Indianer weise: „Der, den du fütterst.“

Zukunft?

Meine Generation hat sich damals bei der Planung ihrer Zukunft keine großen Sorgen gemacht. Für die Meisten war klar es gilt einen Job zu wählen, eine Familie zu gründen und der eigenen Familie ein Zuhause zu bieten. Die Wenigstens haben damals eines dieser drei Ziele in Frage gestellt, sind wir doch in einer Phase des Überflusses und des Wirtschaftswachstums groß geworden. Uns wurde gesagt: „Du kannst alles erreichen was du willst, wenn du nur daran glaubst und darauf hin arbeitest.“

Doch was soll man den Jugendlichen JETZT sagen? Die Welt steht Kopf. Nichts ist gewiss. Jobs, die es bis vor Kurzem noch gab, werden sterben. In einer Welt, in der Seuche, Krieg & Klimakatastrophen herrschen, in der sich die Berufswelt ständig dreht, wie sollen unsere Kinder da noch unbeschwert daran denken eine Familie zu gründen? Nicht nur die Kids sind teilweise perspektivenlos und haben größtenteils ihre Unbeschwertheit und Zuversicht verloren.

Ich denke, gerade deshalb ist es um so wichtiger mit gutem Beispiel voran zu gehen. Es ist essentiell den Kindern vorzuleben wie es funktionieren kann. Denkt an die Geschichte mit den zwei Wölfen und füttert nicht unentwegt die Angst, die Unsicherheit oder die Unzufriedenheit. Es ist nicht alles schlecht. Ja, es herrschen derzeit wilde Zeiten, aber jeder Einzelne kann eine Beitrag leisten und täglich entscheiden welchen Wolf er füttert.