Suche
Close this search box.
petra koller stern 1
petra koller stern 1
petra koller stern 1

Zwischen Mutterliebe und
Erziehungsburnout

Timemanagement

Der Sommer war in Sachen Timemanagement sehr fordernd für mich. Es gab eine Menge zu tun, viele Termine und im Job viel Stress.

Ich habe das Gefühl, dass sich seit einiger Zeit alles wie in doppelter Geschwindigkeit abspielt. Als hätte jemand einen Schalter auf “High Speed” gelegt. Durch Corona stand die Zeit plötzlich still. Wir wurden förmlich gezwungen herunterzukommen und zur Ruhe zu finden. Auch wenn die Umstände alles andere als lustig waren, immerhin war mein PATMAN als Risikopatient eingestuft, so muss ich zugeben, dass ich die Ruhe genossen habe. Es war wirklich angenehm, dass alles wie im Zeitraffer ablief. 

Als die Welt stillstand und die Termine aufgrund der Corona-Maßnahmen sehr eingeschränkt waren, haben sich viele Menschen wieder auf das Wesentliche besinnt. Die Gesundheit und der Mensch per se stand plötzlich wieder im Vordergrund. Das hat vieles geändert. Einige Menschen haben darüber nachgedacht was ihnen wichtig ist und worauf sie zukünftig ihren Fokus legen wollen. Auch was einem durch die auferlegten Einschränkungen durch die Regierung alles gefehlt hat, haben wir deutlich gespürt. 

High Speed

Doch dann, als Corona offiziell als “beendet” galt, ging es wieder los. Und zwar Vollgas. Ich habe das Gefühl, als ob wir damals den Schalter von “Zeitraffer” auf “High Speed” gestellt haben, anstelle von zurück auf “Echtzeit”. Viele Menschen in meinem Umfeld sehen das auch so. Dennoch scheint es irgendwie fast unmöglich selbst vom Gas zu gehen. Mir gelingt es ehrlich gesagt derzeit sehr schlecht. 

Jetee Strandbar

Vielleicht liegt es auch daran, dass ich gerade erst vom Urlaub zurückgekommen bin. Der Urlaub war fantastisch und ich konnte mich so gut und richtig tief entspannen. Ich war schon lange nicht geistig und emotional so weit weg vom Alltag. Und als ich wieder zurück war, bin ich unsanft gelandet, in einer Realität, die mich ordentlich fordert. 

Urlaub bei Papa

Mein PATMAN war in der Zeit, in der ich auf Kreta urlaubte, bei seinem Vater. Zwei Mal im Jahr macht er Urlaub bei ihm. Patrik hat es sehr genossen und wenn wir uns dann nach den getrennten Urlauben wieder sehen, fällt mir immer erst auf wie sehr er sich weiterentwickelt und verändert hat. Wahnsinn, sage ich euch! Er ist ja wie gesagt vor kurzem 19 Jahre alt geworden und ich könnte nicht stolzer sein auf ihn. Er ist nun tatsächlich erwachsen und hat so viel gelernt.

Haltestelle 25

Mit unserem Fahrtentraining sind wir fast am Ziel. Mittlerweile fährt mein PATMAN jeden Werktag morgens mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit und seit Kurzem fährt er auch nach der Arbeit selbständig mit den öffentlichen Verkehrsmitteln wieder nachhause. Er ist – zu Recht – sehr stolz und daran gewachsen. Nun fehlt nur noch das kleine Stück von und zu der Haltestelle, wo seine Reise täglich beginnt bzw. endet. Derzeit bringe ich ihn morgens mit dem Auto noch dorthin bzw. hole ich ihn nachmittags dort ab. 

Mobilität

Das ist der nächste und letzte Schritt Richtung Mobilität für ihn, dass er lernt auch noch diesen kleinen Teil der Strecke selbständig zu bewerkstelligen. Das nimmt mir in meinem Stress auch ein bisschen die Luft raus und hilft mir enorm bei meinem Timemanagement. Dadurch das Patrik seinen Arbeitsweg selbständig erledigen kann, spare ich immens viel Zeit in meinem Alltag und dafür bin ich unendlich dankbar. Zeitgleich war es aber auch für ihn immens wichtig, weil es ihm täglich zeigt das er mich nicht braucht und autonom ist.

Freunde

Mittlerweile trifft er sich fast jede Woche mit seinem Freund William. Entweder die Beiden fahren gemeinsam von Jugend am Werk zu uns nachhause oder zu William nachhause. Dann verbringen sie den Nachmittag gemeinsam und abends fährt William von uns mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nachhause. Wenn aber Patrik bei Willliam ist, dann ist er bis dato noch nicht alleine öffentlich von seinem Freund nachhause gefahren. Auch das muss noch geübt werden. Aber es wird ganz sicher bald funktionieren. 

Bedürfnisse

Wenn ich die “Taxifahrten” für meinen PATMAN gänzlich einsparen kann, dann habe ich wieder mehr Zeit für mich. In letzter Zeit ist es mir leider sehr schwer gefallen genügend Zeit für meinen Sport, Meditation oder Yoga einzuplanen. Immer wieder habe ich die ursprünglich geplanten Aktionen aus Zeitmangel gestrichen. Dabei hatte ich mir vor langer Zeit geschworen genau das nicht mehr zu tun. Weil ich Sport und Meditation nun mal für mein inneres Gleichgewicht brauche. Dennoch fällt es mir nach all den Jahren immer noch schwer für meine Bedürfnisse einzustehen. Jahrelang habe ich das Wohl meiner Kinder über das meine gestellt. Es jetzt “einfach” zu ändern, fällt mir sehr schwer.

Das ist grundsätzlich ein Problem von mir: für mich und meine Bedürfnisse einzustehen, Grenzen zu setzen und NEIN zu sagen. Spannenderweise fiel mir das niemals schwer, wenn ich es für Patrik gemacht habe. Wenn ich spürte, es wird ihm etwas zu viel oder er möchte etwas nicht, dann habe ich sehr oft eine Grenze für ihn gesetzt und seine Bedürfnisse verteidigt. Das fand ich immer leicht. Meine Kinder habe ich immer, wie eine Löwenmutter verteidigt. Für die beiden wäre ich durchs Feuer gegangen und hätte alle Hindernisse überwunden. Für sie habe ich immer gekämpft und werde es weiterhin tun.

Kindererziehung

Oftmals haben mich die beiden dadurch mit dem sogenannten “Schmäh” gepackt und mich ein klein wenig ausgenutzt. Auch wenn mir das klar war, habe ich es trotzdem gemacht. Es geht eben nichts über die Liebe einer Mutter. Das Wohl der Kinder zu wahren fällt einer Mutter immer leichter als das eigene zu wahren. Das ist zumindest meine Erfahrung. Je älter sie wurden, war mir auch ganz klar, dass es ja nicht für immer ist. Je älter und selbständiger Kinder werden, desto weniger brauchen sie ihre Mutter und das ist gut so. Das ist der Lauf des Lebens.

Im Urlaub mit meinen Süssen

Die Ironie an der Kindererziehung ist meiner Meinung nach, dass man sich in all dem Stress der Anfangsjahre und den Momenten der Überforderung immer wieder wünscht mehr Zeit für sich zu haben. Wie oft wünscht man sich, dass sie autonomer sind und nicht so oft Hilfe von Mama brauchen. Wenn sie dann ausziehen und der Kontakt dadurch automatisch weniger wird, dann vermisst man seine Kinder und ersehnt sich immer wieder mal die Zeit, in der sie sich täglich mehrmals vollkommen selbstverständlich an dich gekuschelt haben. Doch diese Zeit kommt nicht zurück. Und auch das ist gut so. “Circle of live” singt Elton John so treffend.

Ruhigere Zeiten

Und so ist mir vollkommen bewusst, dass wieder ruhigere Zeiten kommen werden und wenn mein PATMAN mich eines Tages tatsächlich gar nicht mehr braucht, dann werde ich die Zeit vermissen, wo er mich wenigstens noch ab und an umarmt hat. Auch wenn es jetzt schon immer weniger wird, weil die Coolness der Pubertät kuscheln mit Mama strengstens verbietet, so ist er wenigstens immer um mich. Noch. Denn wie ihr wisst, ist er bereits für betreutes Wohnen angemeldet. Jedes Kind muss nun mal irgendwann aus dem Nest und eigene Wege gehen, auch mein PATMAN. Aber glaubt nicht, dass mir das leicht fallen wird, wenn er eines Tages ausziehen wird. 

Nächsten Monat ist übrigens schon das Gespräch zur Bedarfserhebung für “betreutes Wohnen”. Ich bin schon gespannt, wie das läuft. Selbstverständlich werde ich euch davon berichten. Bis dahin: Geniesst die Zeit mit euren Kindern, auch wenn euch euer Timemanagement fest im Griff hat.  😉