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petra koller stern 1
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petra koller stern 1

Zwischen Mutterliebe und
Erziehungsburnout

Zwischen Glückseligkeit und Hirnwixereien

Mit einer gehörigen Portion Vorfreude auf eine längst ersehnte Auszeit hat alles begonnen. Endlich war mein Haupturlaub für dieses Kalenderjahr da. Ich hatte mich auf vollkommene Gelassenheit und Entspannung an einem meiner Lieblingsorte gefreut. Endlich das Meer, die Sonne und die letzten Sommertage genießen! Doch dann spielte mir mein Kopf kurzfristig einen Streich und ich war gefangen zwischen Glückseligkeit und Hirnwixereien.

Ich hatte also zwei Wochen Urlaub von meinem Brotjob und freute mich auf die Entspannung und die Ruhe. Ich hatte schon länger gespürt, dass die Hektik der letzten Wochen an meinem Körper nicht spurlos vorüber gegangen war. In der Arbeit spitzten sich die Themen, wie jedes Jahr nach dem Sommer, zu und auch privat war einiges zu tun gewesen. Die Organisation und Durchführung von Patriks Geburtstag gepaart mit dem Start bei Jugend am Werk und dem Bürokratiewahnsinn hatten mich stark gefordert.

Alltagsstress

In den Septemberwochen hatte ich daher zugegeben nicht so gut auf mich geachtet, da ich im Hinterkopf immer meinen Urlaub hatte. Zu oft hatte ich mir selbst gesagt: „Ach das geht schon noch, dann bist du ja ohnehin auf Urlaub und kannst dich entspannen.“ So hatte ich in den Tagen vor meinem Urlaub eigentlich viel zu viele Termine und Erledigungen auf meine persönliche To-do-Liste gepackt. Nichts Neues an und für sich – ich kenn das von mir leider nur zu gut, dennoch tappe ich immer wieder in diese Falle. Und in der Vergangenheit hat mir dieses Verhalten dann meist Migräne verschafft.

Gott sei Dank bin ich im Vergleich zu früher schon einen Schritt weiter. Ich hatte diesmal doch rechtzeitig die Reißleine gezogen und vor einem eventuellen Zusammenbruch erkannt, dass das für meinen Körper nicht zumutbar war. Und so hatte ich meine Sport- und Yogaeinheiten sowie meine Meditationen wieder konsequenter in meinen Alltag eingebaut. Ich wurde dadurch rasch wieder resilienter und bekam keine Migräne. Ein großer Erfolg für mich 😊 !

Glückseligkeit!

Als dann mein Urlaub endlich da war, war ich voller Vorfreude auf den Aufenthalt auf der Südseite Kretas. Nachdem alle Vorbereitungen endlich abgeschlossen waren, und ich meine Freundin abholte, war ich fast ein bisschen übermutig. Zuhause war bereits der Herbst ins Land gezogen, wir aber machten uns soeben auf den Weg in den Sommer. Fantastisch! 

Sonnenuntergang
Sonnenuntergang auf Kreta

Nachdem wir in dem kleinen Städtchen angekommen waren, gingen wir sofort Abendessen. Es war grandios! Wir saßen in einer kleinen Taverne am Strand und blickten in den Sonnenuntergang über dem Meer. Der Stress der letzten Wochen fiel gänzlich von mir ab. Ich war ganzheitlich angekommen – mit Körper, Geist und Seele. Wie sehr ich diesen Abend genossen habe! Mit jeder Zelle versuchte ich alles aufzusaugen und für die Winterwochen zu speichern. 

Es folgten ein absolut perfekter Tag am Pool und ein entspannter Tag am Meer. Das erste Mal seit etwa 10 Jahren war ich wieder im Meer schwimmen. Es war fantastisch! An diesem Tag war es sehr sonnig und warm. Nur ein klitzekleines Lüftchen wehte und machte die Sonnenstrahlen dadurch milde. Ich war so durchflutet von Glückseligkeit, dass ich gar nicht verstehen konnte, warum ich überhaupt aufgehört hatte ins Meer zu gehen. Doch anstatt es einfach zu genießen, begann ich angestrengt über das Warum nachzudenken und die Erinnerungen kamen langsam zurück.

Erinnerungen

Das Meer
Das Meer

Mein PATMAN hatte in einem Italienurlaub eine schlimme Sonnenallergie bekommen und das Meerwasser machte den Ausschlag damals noch schlimmer. Daher haben wir das Meer danach gemieden und waren fortan nur noch im Pool schwimmen. Freilich hätte ich danach dennoch ins Meer gehen können, auch wenn er es nicht tat. Aber aus irgendeinem Grund habe ich das Meer damals für uns beide abgehakt. Leider. Doch nun hatte ich es wieder für mich entdeckt und freute mich umso mehr es genießen zu können.

Dennoch konnte ich meine Gedanken nicht stoppen. Wieso hatte ich danach immer wieder Beweise dafür gefunden, dass es besser für meinen PATMAN war, nicht ins Meer zu gehen? Wie oft hatte ich in den letzten Jahren vorauseilend Entscheidungen für ihn getroffen, weil ich dachte ich kenne ihn am besten und weiß daher was gut für mein Kind ist. Aber wusste ich es wirklich? Eigentlich konnte ich es nicht mit Sicherheit wissen, und die Tatsache, dass Patrik in den letzten Jahren immer weniger sprach, machte es nicht einfacher. 

Gedankenkarussell

Im Gegenteil. Dass er so selten Auskunft darüber gab, was er machen wollte und was nicht, was ihm fehlte und was nicht, zwang mich oft dazu eine Entscheidung meinem Empfinden nach zutreffen. Selbstverständlich machte ich dies immer nach bestem Wissen und Gewissen, dennoch möchte ich gar nicht wissen, wie oft ich mit meinem Empfinden falsch lag. Nur wegen einer Sonnenallergie in einem Urlaub, hatte ich das Meer danach für immer für uns beide abgehackt. Unfassbar. Anstatt es im nächsten Urlaub wieder zu versuchen, und zu sehen was passiert, hatte ich einfach hingenommen, dass das Meer nichts für meinen PATMAN ist.

Ich kam nicht umhin mich zu fragen, wie oft ich wohl durch ein Erlebnis eine voreilige Entscheidung getroffen hatte. Wie oft hatte mir Patrik vielleicht ohnehin gesagt, dass er etwas nicht oder eben doch wollte, doch in der Hektik des Alltags hatte ich es überhört oder etwa nicht so ernst genommen, wie ich sollte. Und schon war ich gefangen im Gedankenkarussell. Ich kam vom Hundertsten ins Tausendste.

Kopfkino

In letzter Zeit sprach Patty vielmehr, wenn er bei seinem Vater war, als bei mir zuhause und er war diesen Sommer oft mit seinem kleinen Bruder im Pool geschwommen. Bei mir zuhause schaffte ich es kaum ihn für irgendetwas zu motivieren. Auch bei der Physiotherapie, die meinem PATMAN aufgrund seiner extremen Verspannungen im Halswirbelbereich verordnet wurde, war er in meiner Begleitung extrem bockig und unkooperativ. Wenn er allerdings mit seinem Vater zur Therapie fuhr, absolvierte er die Übungen ohne Probleme, auch wenn sie aufgrund der Verspannung sicherlich schmerzhaft waren.

Und auch jetzt, während ich im Sommerurlaub mit meinem Kopfkino beschäftigt war, hatte mein PATMAN bei seinem Vater und seinem Bruder eine geile Zeit. Er stand ohne Probleme täglich auf, zog sich an und setzte sich zum Frühstückstisch. Mein Ex-Mann ließ ihn morgens bei Jugend am Werk einfach aus dem Auto aussteigen und Patrik ging selbständig in seine Gruppe. Wenn ich ihn zur Arbeit brachte, musste ich ihn immer in die Gruppe begleiten. Warum war das so?

Warum nur war zwischen meinem PATMAN und mir dermaßen der Wurm drin? Wir könnten es doch so einfach, so chillig haben? Und warum war ich eigentlich so hart mit mir selbst? Ich fasste den Entschluss zukünftig achtsamer zu sein. Ich wollte wieder mehr auf die kleinen Zeichen achten und mich bemühen nicht ständig voreilige Entschlüsse für uns beide zu treffen. Vor allem aber wollte ich nicht mehr in der Hektik aus Zeitnot heraus Dinge erledigen, nur weil ich schneller und effektiver war als Patrik. Ohne Übung konnte er es weder lernen noch sich verbessern. 

Hirnwixereien – ENDE

Obwohl ich all das ohnehin wusste, hatten sich in der Hektik des Alltags unbemerkt Dynamiken und Abläufe in unser gemeinsames Leben eingeschlichen. Durch den gewonnenen Abstand im Zuge meines Auslandsaufenthalts hatte ich dies nun endlich wieder erkannt und konnte dem entgegenwirken. Ab und an braucht man eben gerade als Mutter einen gewissen Abstand zum Alltag, um der Betriebsblindheit entkommen zu können.

PATMAN mit seiner Luna
Patrik mit seiner Luna

Nachdem ich einen ganzen Tag über all dies Rauf und Runter sinniert hatte, beschloss ich, dass es nun genug war. Hirnwixereien – ENDE. Ab sofort wollte ich meinen Urlaub wieder genießen und die Sonne, das Meer und den Restsommer aufsaugen, um wieder voller Kraft in den Alltag zurück kehren zu können. Und ich versprach mir selbst zukünftig wieder geduldiger mit meinem PATMAN und milder mit mir selbst zu sein.