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petra koller stern 1
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Zwischen Mutterliebe und
Erziehungsburnout

Kraft

Das bisherige Jahr hat mich stark gefordert. Ich bin am Ende meiner Kraft. Was mir die Reflexion darüber gezeigt hat, könnt ihr diesmal lesen.

Ich habe lange keinen Blog geschrieben. Ich habe viele Dinge lange nicht gemacht. Der gesamte Mai war extrem eigenartig. Die Zeit ist mir gefühlt durch die Finger geronnen. Ich hatte Probleme mich zu konzentrieren, mich zu fokussieren. Ständig war ich müde und ausgelaugt. Täglich hatte ich gehofft es wird bald besser. Ich hatte selten Kraft für Sport, gefühlt war alles eine Anstrengung für mich. Die Highlights waren sehr dünn gesät im Mai – obwohl eigentlich war auch der April ein Streichergebnis.

Mut-mach-Blog

Als ich begonnen habe mit diesen Blog-Beiträgen war mein Bestreben euch Mut zu machen. Euch zu beweisen, dass nichts so schlimm ist, das es lohnt aufzugeben. Es geht immer weiter. Es gibt immer Gründe, um weiterzumachen, um wieder aufzustehen. Es ist alles eine Frage der Motivation. Und auch wenn ich in den letzten Jahren selbstverständlich immer wieder Momente oder auch Tage hatte, wo mir selbst der Mut oder die Kraft gefehlt hat, so hätte ich das nicht mit euch geteilt. Mein Bestreben war doch euch Mut zu machen, und so hatte ich es mir zur Aufgabe gemacht, jeden Blog-Beitrag zumindest positiv und mit Zuversicht zu beenden.

Das hat auch wirklich lange wirklich gut funktioniert. Denke ich. Euer Feedback hatte mich jedenfalls darin bekräftigt. Doch dieses Jahr ist es unendlich schwer für mich positiv zu bleiben und euch Mut zu geben, fehlt mir doch viel zu oft selbst die Kraft. Bis dato habe ich das mit kaum jemandem geteilt. Ich hoffte, es ginge schnell wieder vorbei und wäre nur eine kurze Phase. Doch dieses Jahr zählt nun schon fünf Monate, in Kürze ist Sommer und das erste Halbjahr ist dann vorbei. Ich möchte so sehr glauben, dass es jetzt endlich besser wird, doch in mir sind große Zweifel diesbezüglich.

Kraftlos und Schmerzerfüllt

Bereits Anfang Februar habe ich meine Schmerzen und Probleme mit euch geteilt. Damals habe ich euch berichtet, dass mein PATMAN und ich seit Dezember ziemlich durchhängen. Es war ehrlich gesagt befreiend das mit euch zu teilen und tatsächlich ging es mir danach glücklicherweise recht schnell wieder besser. Ich hatte wieder mehr Zeit und Kraft für meinen Ausgleichssport und das Frühlingswetter verlieh mir zusätzlich Auftrieb.

mein Dad

Doch dann kam der nächste Rückschlag. Die erforderliche lebensrettende Operation meines Vaters verlief nicht nach Plan. Auch das habe ich schweren Herzens mit euch geteilt. Seitdem ist mein Zustand nicht mehr besser geworden, zumindest nicht spürbar. Es verläuft in Wellen und ja – es gibt auch gute Tage. Die guten Tage lassen mich trotz aller Belastung, Sorgen, Zweifel und Mutlosigkeit weiter machen. Aufgeben war noch nie eine Option für mich. Egal wie schlimm es in mir aussah, ich habe niemals zugelassen, dass mich ein Schmerz ausknockt. Niemals. Ob das richtig war? Ich weiß es nicht.

Schmerzen zulassen

Bis dato habe ich es immer als Schwäche gesehen aufzugeben. Schmerz und Traurigkeit länger zuzulassen. Aber vielleicht war das ein Fehler. In meiner Funktion als Coachin habe ich meinen Klient*innen immer gesagt, dass jedes Gefühl seine Berechtigung hat und dass man kein Gefühl verdammen oder boykottieren soll. Es würde dadurch nicht verschwinden. Es ist dennoch da. Doch wenn man nicht zulässt, dass es aktiv gespürt wird, dann wandert es in den Schatten, ins Unterbewusste. Dass es deshalb weg wäre, ist eine Illusion. Es ist dennoch da und lenkt den Betroffenen, der das Gefühl nicht spüren wollte, fortan unbewusst.

Das klingt sehr klug – und auch schlüssig. Was nicht schlüssig ist, wie ich andere Menschen mit diesem Wissen bereichern und unterstützen kann und es zeitgleich geschafft habe, dieses Wissen nicht auf mich selbst anzuwenden. Selbstverständlich war es immer da. Aber ich war sehr erfolgreich darin mich mit den Schicksalen anderer abzulenken oder mich mit anderen meiner Themen zu beschäftigen, sodass ich diesen eigenen Schatten bis jetzt nicht bearbeiten musste.

Lernerfahrung

Der Körper und auch die Seele sind faszinierend. Sie wissen immer was gut für uns ist. Sie senden unaufhörlich Signale. Unser Geist entscheidet dann, ob er auf die Signale hört und was er mit dem Wissen macht. Ich bin aufgrund meiner Erfahrung Meisterin darin geworden meine eigenen Bedürfnisse und Schmerzen klein zu reden. Seit meiner jüngsten Kindheit habe ich Sätze gehört wie “Das ist nicht so schlimm, das schaffst du schon.” Wenn ich Dinge gemeistert habe, wurde ich immer gelobt. Habe ich aber mal was nicht wie erwartet geschafft, wurde mir gesagt: „Das kannst du aber besser. Nächstes Mal musst du dich einfach mehr bemühen. “

Die kleine Petra hat daraus gelernt, dass nichts so schlimm sein kann, dass SIE das nicht aushält. Und wenn es sich für einen Mikromoment so angefühlt hätte, so habe ich das schnell verdrängt, da ich mir vor Augen hielt, dass sich andere Menschen auf mich verlassen und auf mich zählen, und ich wollte sie nicht enttäuschen. Wen habe ich damit aber jahrelang enttäuscht? Ihr ahnt es bestimmt schon: Mich selbst.

Und mit diesem Wissen stehe ich nun da – enttäuscht, unendlich müde, kraftlos und ehrlich gesagt entmutigt. Ich habe Angst, wenn ich meinen Schmerz und meine Enttäuschung mal so richtig zulasse, dass sie nie mehr aufhören. Bis dato habe ich derartige Gefühle immer nur kurz und kontrolliert zugelassen. Ich kann nicht sagen, was passiert, wenn ich das ändere, aber ich habe Angst vor den Konsequenzen. Ich habe Angst, dass ich den Weg aus dem Schmerz und der Kraftlosigkeit nicht mehr finde. Ich habe Angst, dass es keinen Weg mehr zurückgibt, wenn ich den Schalter einmal umlege und alles unkontrolliert zulasse.

Wenn die Sonne den Regenwolken weicht

Grenzen setzen

Eine meiner Kolleginnen ist seit Anfang April im Krankenstand. Seitdem vertrete ich sie. Ich wusste von Anfang an, dass es länger dauern würde und was es mir abverlangen würde. Das hat mir unheimlichen Druck gemacht und mich extrem belastet. Es ging mir selbst davor schon längere Zeit nicht gut. Ich war selbst immer wieder kurz davor mich krank zu melden. Aber ich habe es mir nicht erlaubt. Ich wusste, dass sich Menschen auf mich verlassen, und die wollte ich wie gesagt nicht enttäuschen. Enttäuscht habe ich dabei wieder mich, weil ich es nicht geschafft habe für mich einzustehen und meine Grenzen aufzuzeigen.

Meine Lernerfahrung hatte mir gezeigt, dass es immer wieder weiter geht und dass ich es immer wieder zu Gunsten anderer geschafft habe, Kräfte zu mobilisieren, von denen ich zuvor nicht mal wusste, dass sie überhaupt vorhanden sind. Das hat mich stark gemacht und erfolgreich. Aber es hat mich über die Jahre auch extrem sarkastisch gemacht. In letzter Zeit hörte ich mich immer wieder sagen „Was uns nicht umbringt, macht uns nur härter. Bald habe ich aber so viel harte Haut, dass ich ein Elefant werde.“

Sarkasmus

Eigentlich hätte ich sagen wollen, ich kann nicht mehr. Ich kann nicht noch stärker sein und ich will nicht noch härter werden. Aber das konnte ich nicht zugeben, so entluden sich meine Gefühle über meinen Sarkasmus. Trotz der Erschöpfung aber dennoch immer weiterzumachen, hat mich immens viel Kraft gekostet und es hat mich schlussendlich oftmals ungerecht gemacht.

Ein Teil von mir hat nie verstanden, warum von mir verlangt wird stets stark und verlässlich zu sein, während andere Menschen Verständnis dafür bekommen, wenn sie sagen sie können etwas nicht oder nicht mehr. Ich habe mich deshalb oft ausgenutzt und ungerecht behandelt gefühlt.

Wut und Unverständnis

Vor Kurzem hat mir jemand gesagt, dass meine Erschöpfung scheinbar nie so schlimm war, wie die von anderen. Denn sonst hätte ich es irgendwann nicht mehr geschafft trotzdem aufzustehen, auch wenn ich dachte ich habe keine Kraft dafür. Das hat mich unendlich wütend gemacht. Ich fühlte mich derart unverstanden und ungerecht behandelt, dass ich beinah explodiert bin. Ich habe dann sehr lange über die Worte, und was sie in mir ausgelöst haben, nachgedacht.

Wut

Ich hätte vermutlich tatsächlich schon sehr sehr oft in meinem Leben besser liegen bleiben sollen. Stattdessen habe ich es mir nicht erlaubt meine Grenzen zu wahren und dafür einzustehen. Oft hatte ich gehofft, dass Menschen in meinem Umfeld Rücksicht auf mich nehmen und mich unterstützen. Aber darum bitten hätte ich nicht können. Das ließ mein Stolz nicht zu. Stattdessen war ich dann enttäuscht, hatte ich doch gehofft, dass diese Menschen mich so gut kennen, dass sie wissen, was ich eigentlich brauchen würde.

Die Wahrheit

Die Wahrheit ist allerdings, dass ich viel zu oft selbst nicht gewusst hätte, was ich tatsächlich gebraucht hätte. Und wenn ich es gewusst habe, konnte ich es oft nicht zulassen. Meine Lernerfahrung war doch, dass ich funktionieren muss. Zum Wohle meines Umfelds, zum Wohle der Gemeinschaft. Ums Verrecken wollte ich nicht schwach und nicht belastbar wirken. Ich wollte doch jemand sein, auf den man sich immer verlassen kann. Ich wollte stark sein.

Manchmal hatte ich mutige Tage und hatte meine Grenzen gespürt und sogar gesetzt. Doch beim klitzekleinsten Widerstand aus meinem Umfeld habe ich wieder einen Rückzieher gemacht. So habe ich zum Beispiel gesagt, dass ich mich krank fühle. Wenn mein Umfeld aber nicht darauf reagiert hat, habe ich meine Aufgaben dennoch erledigt, als wäre ich fit, auch wenn es mich unendlich viel Kraft gekostet hat und mir Schmerzen verursacht hat.

Conclusio

Danach war ich enttäuscht und fühlte mich nicht ernst genommen. Schlussendlich war ich aber selbst schuld. Ich hatte die selbst gesetzte Grenze einfach wieder gelöscht und meine Mitmenschen dachten wohl, meine Schmerzen sind doch nicht so schlimm.

Jetzt da ich all das erkannt habe, muss sich das ändern. Ich will es ändern. Ab sofort stelle ich mich und meine Bedürfnisse nicht mehr ständig an die letzte Stelle. Ab sofort stehe ich für meine Bedürfnisse ein. Das ist ein Versprechen. Ein Versprechen an mich selbst.